Wie behandelt die traditionelle chinesische Medizin die Schuppenflechte?
Fragt man einschlägige Institute oder Heilpraktikern, ob es möglich ist, Psoriasis mit Methoden der „Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)“ zu behandeln, erhält man alle denkbaren Antworten zwischen „Ja“ und „Nein“. Wer sich mit Psoriasis oder Psoriasis Arthritis auf TCM einlassen will, muss sich vor allem Zeit nehmen – um einen Therapeuten zu finden, von dem man genau weiß, dass er Erfahrungen und möglichst auch Erfolge mit dieser Krankheit hat. Zeit benötigt man aber auch deshalb, weil Veränderungen oft erst nach vielen Monaten zu erkennen sind.
Die Philosophen Lao-Tse und Konfuzius (beide um 500 v.u.Z.) haben Denken und Handeln der chinesischen Medizin über zwei Jahrtausende bestimmt. Schriftgelehrte haben ausführlich dokumentiert, wie erfolgreich die Ärzte damit in der Vergangenheit waren. Dieser traditionelle Ansatz wird heutzutage gerade noch an 10 % der chinesischen Kliniken praktiziert.
Die traditionelle chinesische Medizin geht davon aus, dass jedes menschliche Organ seine eigene Lebensenergie Qi (gesprochen: Tschi) besitzt. Dieses Qi fließt in Energiebahnen (Meridiane) über bestimmte Zugangspunkte durch den gesamten Körper. „Krankheit“ bedeutet, dass ein Organsystem entweder zu viel oder zu wenig Energie erhält. Wenn der Energiefluss an einem Organ gestört ist, zeigt sich das an jedem Teil des Körpers zeigen, durch den der entsprechende Meridian fließt. Logischerweise kann deshalb diese Blockierung an jedem dieser Zugangspunkte entlang des Meridians wieder aufgehoben werden. Zum Beispiel durch Akupunktur genau an diesen Punkten. Durch die Therapie wird diese Blockierung gelöst und das Qi kann wieder frei fließen: das Gleichgewicht ist an diesem Meridian wiederhergestellt. Es bleibt aber ein nie erreichbarer Idealzustand, Yin und Yang zugleich im Körper, im Geist und in der Seele völlig harmonisch zu gestalten. Völlige ganzheitliche Gesundheit kann auch die TCM nicht bewirken.
Die chinesischen Medizin basiert auf Yin, dem Weiblichen (das einen Keim des Männlichen in sich trägt) und Yang, dem Männlichen (das einen Keim des Weiblichen in sich trägt). Beide ergänzen sich zu einem Ganzen. Krankheiten werden danach behandelt, ob sie einen Mangel bzw. Überschuss an Yin oder an Yang signalisieren. Yin ist substantiell, passiv, kalt usw. Yang steht für dynamisch, aktiv, warm, heiß usw. Eine Krankheit zeigt zu viel Yang bei Fieber, rotem Gesicht, Unruhe, starken Gerüchen der Ausscheidungen, roter Zunge und schnellem, aufwallendem Puls. Sie bedeutet zu viel Yin bei Frieren, Blässe, Mattigkeit, großen Mengen geruchloser Ausscheidungen, blasser Zunge und straffem, tiefem, gemächlichem Puls. Es gibt äußere Ursachen wie Wind, Kälte, Sommerhitze, Feuchtigkeit, Trockenheit oder Glut. Oder die Krankheit kommt von innen durch Lust, Zorn, Sorge, Trauer, Furcht oder Schreck. Wer in dieser Tradition steht, für den gibt es keine „reine“ Hauterkrankung. Störungen auf der Haut werden angesehen als Störungen an den Organen, die sich lediglich an diesem Punkt des Körpers äußern. Behandelt werden deshalb in erster Linie nicht die Hauterscheinungen selbst, sondern die mit der Haut und den Haaren durch Meridiane verbundenen Organe Lunge oder Dickdarm.
Die chinesische Medizin kennt keine einheitliche Ursache für Hautkrankheiten. „Eine Krankheit ist wie ein Baum. In den Wurzeln finden sich die Ursachen, wir aber sehen nur ein System von Zweigen (Erscheinungsformen, Krankheitssymptome),“ so der Berliner Heilpraktiker Dr. rer. nat. Friedrich Dimmling. Bei der Diagnose werden deshalb (ganzheitlich) Anhaltspunkte in Körper, Geist und Seele gesucht. Nur so kann bestimmt werden, welchem Organ eine Krankheit zugeordnet wird. Nur wer den gesamten Menschen betrachtet, erfährt, wie sich bei in seinem Fall Yin und Yang zueinander verhalten.
Der Patient wird eingehend befragt und betrachtet. Sein Geruch und der Klang seiner Stimme sind ebenso wichtig, wie sein Gefühlsleben, sein Schlaf und seine Verdauung. Bedeutend ist, welche Wärme- und Kälteempfindungen der Patient hat. Hände, Puls, Zunge und Ohren werden genau untersucht, um daraus auf konkrete Disharmonien zu schließen. Leidet der Patient z.B. unter Verstopfung, fällt es ihm schwer zu schwitzen oder zu schreien, kann er Altvertrautes nicht loslassen oder unterdrückt er sein Traurigsein, dann wird die Psoriasis als Ausscheidungs-Schwäche des Dickdarms diagnostiziert. Das Yin stagniert und es herrscht ein Yan-Mangel. Es kann aber auch sein, dass der Therapeut Anhaltspunkte dafür findet, dass die Psoriasis von einer Disharmonie an der Lunge herrührt. Die Lunge beherbergt gleichzeitig einen Teil der Seele (Psyche).
Andere Therapeuten unterscheiden die Psoriasis aufgrund von Bluthitze, von Blutstasen (Blutstauung), Blutarmut oder wegen Feuchtigkeitshitze. Weitere Ursachen für die Schuppenflechte können sein Windhitze, Bluttrockenheit, Leber-/Nieren-Leere oder Milz- Nieren-Leere. Eine Psoriasis kann schließlich auch ausgelöst werden durch eine Zhong Ren Dysbalance oder durch Hitze der Gong Ebene.
Die traditionellen Behandlungsmethoden der chinesischen Medizin sind Akupunktur und Akupressur, Moxibustion (Akupunkturpunkte werden mit Kräutern erwärmt), Qigong (sprich: Tschigong = Bewegungstherapie,), Schröpfen, Fünf-Elemente-Lehre (Ernährungsempfehlungen) und vor allem Heilkräutertherapie (Pythotherapie). Es gibt einige Akupunkturpunkte mit Hautbezug. Die muss man sehr genau vorher durch Pulsdiagnose herausfinden. Der Schwerpunkt der Behandlung von Psoriasis in der Chinesischen Medizin liegt aber zu 80% bis 90% in der Heilkräutermedizin. Bei starker Schuppenbildung müssten zum Beispiel Yang-betonte Rezepturen zugeführt werden. Werden Hauterscheinungen ganz allgemein behandelt, kann man Lunge und Dickdarm durch Yin-betonte Substanzen beeinflussen. Die verschiedenen Heilkräuter werden nie einzeln, sondern immer als Mischungen von ca. 8-12 Kompositionen verabreicht. Wichtige Heilpflanzen sind u.a. Lei Gong Teng (Tripterygium Wilfordii), Ba Xia (Smilax China), Huai Hua (Sophora japoni-ca). Die Haut selbst kann allgemein durch Ernährungsvorschläge im Sinne der Lehre von Yin und Yang verbessert werden.
Es wird dringend davor gewarnt, sich ohne Therapeut mit chinesischen Kräutern selbst zu behandeln: Zum einen muss die Diagnose im Sinne der chinesischen Medizin stimmen. Zum anderen ist die Herstellung von chinesischen Kräutermischungen eine Vertrauenssache. Statt Fertigpräparate im Internet zu bestellen, sollte man sich die Rezepturen besser bei spezialisierten Apotheken in Deutschland herstellen lassen. Immer wieder gibt es Direktimporte, die stark mit Pflanzengiften belastet sind. Aus den USA sind Fälle bekannt geworden, bei denen Patienten durch kriminelle Mixturen an chinesischen Kräutern erkrankt oder sogar gestorben sind. Ebenso wurde bei Hautkranken undeklariert Kortison in die Kräutermischungen getan.
Auch für die chinesische Medizin ist Psoriasis ein eher schwer zu behandelndes Krankheitsbild.
Kritik
Die chinesische Medizin hat eine sehr lange Tradition. Über die Jahrhunderte wurde davon berichtet, wie Menschen dadurch geheilt wurden. Trotzdem entsprechen diese Berichte nicht den heutigen Anforderungen an medizinische Studien. Es gab nie Vergleiche mit Placebos und man erfährt nicht, bei wie viel Patienten die Methode nicht geholfen hat. In China selbst war diese Methode nie die einzige Heilkunst. Sie wurde überwiegend von der Oberschicht praktiziert. Außerdem haben sich auf einigen Gebieten im Laufe der Geschichte viele Varianten und Schulen herausgebildet, die sich teilweise widersprechen oder sogar bekämpfen.
Rezepturen nach chinesischer Medizin sind in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen und unterliegen demnach nicht dem strengen Arzneimittel-Kontroll-Recht.
Schulmediziner kritisieren vor allem die Diagnose von Krankheiten: Es würden keine genauen, sondern nur sehr vage Befunde erstellt. Die Definition von Krankheit widerspreche teilweise naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Es sei zu befürchten, dass bestimmte Krankheiten, z.B. Organveränderungen, Krebs oder Aids, nicht rechtzeitig erkannt bzw. nicht fachgerecht behandelt werden. Bei rein psychischen Störungen wie Depressionen oder Angst würden nur die Körpersymptome behandelt werden. Krankmachende Probleme würden überhaupt nicht angesprochen werden.
Chinesische Medizin wird von ausgebildeten Medizinern, aber auch von Heilpraktikern praktiziert. Die Ausbildung ist nicht einheitlich, die Abschlüsse nicht staatlich kontrolliert. Es ist stets ein Risiko, zu einem Heilpraktiker zu gehen.
Die chinesische Medizin sei durchaus in der Lage, positiv auf funktionelle Störungen oder chronische Krankheiten einzuwirken. Sie kann Beschwerden lindern. Aber sie sollte stets nur neben einer schulmedizinischen Therapie genutzt werden, nie als alleinige Akutbehandlung.
Kosten:
Die Behandlung kann viele Monate dauern. Nicht nur die Therapeutin bzw. der Therapeut will bezahlt werden. Es sind auch die Heilkräuter und Salben, für die monatlich 50 Euro und mehr ausgegeben werden muss.
Die gesetzlichen Krankenkassen beteiligen sich nicht an den Kosten einer Behandlung nach den Methoden der chinesischen Medizin. Die Beihilfe der Beamten dagegen soll nach unseren Informationen Arzt- und Kräuterkosten übernehmen. Es gibt aber zahlreiche Angebote privater Krankenkassen. Die sind z.B. von der Stiftung Warentest bewertet worden. Wir empfehlen, vor Beginn einer Therapie zu klären, mit welchen Ausgaben zu rechnen ist und wer sie bezahlt.
Adressen
• Zentrum für Traditionelle Chinesische und Integrative Medizin (kostenlose medizinische Sprechstunde und Behandlung für finanziell Bedürftige9
Literatur
Allgemein
Schwingenschlögel, T. und Bienert, K. Psoriasis Arthritis aus Sicht der Chinesischen Medizin
Hempen, Carl Hermann, „Die Medizin der Chinesen – Erfahrungen mit fernöstlicher Heilkunst“
Flaws, B. und Wolfe, H. Lee, „Das Handbuch der chinesischen Ernährungslehre. Die moderne Umsetzung ihrer Grundlagen, Methoden und Rezepte
Temelie, Barbara, „Ernährung nach den fünf Elementen – Wie Sie mit Freude und Genuss Ihre Gesundheit, Liebes- und Lebenskraft stärken.
Stiftung Warentest, „Die andere Medizin – Nutzen und Risiken sanfter Heilmethoden“ (1991)
Zu Akupunktur und Psoriasis
Deadman, Peter, Al-Khafaji, Mazin, Baker, Kevin: „A Manual of Acupuncture“
Journal of Chinese Medicine Publications, East Sussex, England
Lu Yongtian (1983), „Effect of Fructus Psoraleae injection in 800 cases of psoriasis“, Journal of TCM
Al-Khafaji, Mazin (1988), „Acupuncture prescriptions for tranquillising the heartand calming the spirit“
Journal of Chinese Medicine, 4 Seiten
Internetseite
Chinesische Dermatologie: Behandlung von Psoriasis (Schuppenflechte) mit Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM)