Dithranol

Ein uraltes Mittel ohne langfristige Nebenwirkungen

Seit 1916 ist bekannt, dass man mit Dithranol die Psoriasis nebenwirkungsfrei (!) in den Griff bekommen kann. Seitdem muss sich jeder neue Wirkstoff daran messen lassen. Einst wurde Dithranol aus dem Mark der Araroba- oder Goa-Bäume in Brasilien gewonnen. Inzwischen wird es synthetisch hergestellt. Eine der auffälligsten chemischen Eigenschaften von Dithranol ist, dass es in Verbindung mit Sauerstoff schnell zerfällt, also auch an der Luft. Man sieht das deutlich daran, dass sich alles, was mit Dithranol in Verbindung kommt, braun färbt. 
 
Wirkungsweise 
 
Dithranol wirkt vorwiegend in der erkrankten Haut. Dort verlangsamt es die Zellteilung. Es beeinflusst die Energieversorgung in den Zellen. Dadurch wird letztendlich auch die übermäßige Schuppung der Haut zurückgedrängt. 
 
Nebenwirkungen 
 
Die häufigste Nebenwirkung sind Haut-Irritationen, meist Rötungen. Die ärgerlichste Nebenwirkung freilich ist jedoch die Verfärbung der gesunden Haut: Die wird schnell braun. Wie tief, hängt vom Hauttyp ab. Meist verschwinden die braunen Flecken nach einigen Wochen, wobei einige Patienten aber von jahrelang anhaltenden braunen Flecken berichten. Beim Auftragen von Dithranol werden auch mal Juckreiz oder ein Brennen bemerkt. Der größte Vorteil von Dithranol gegenüber den allermeisten anderen Psoriasis-Medikamenten: Das Mittel wird seit 1916 bei der Psoriasis angewendet, ohne dass Langzeit-Nebenwirkungen bekannt geworden sind. 
 
Dosierungen 
 
In Hautkliniken werden Salben mit einem anfänglichen Dithranol-Anteil von 0,05 bis 0,1 % verwendet. Sobald nach einer Steigerung der Konzentration nach zwei oder drei Tagen keine Reizung auf der Haut mehr auftritt, wird auf maximal 4 %, im Einzelfall auch mal 5 % gesteigert. Am Abend werden die Stellen mit einer fettreichen Salbe gepflegt. Treten einmal stärkere Reizungen auf, wird eine Pause von ein bis zwei Tagen empfohlen. Bei sehr starken Reizungen kann mit einer schwachen (!) Kortisonsalbe geholfen werden. Bei der Minutentherapie wird mit einer höheren Konzentration gestartet: Eine 1 %ige Dithranol-Salbe wird für 10 Minuten aufgetragen und danach kalt abgewaschen. Dr. Karlheinz Nocker (Bioglan) schickt voraus: „Die Dithranol-Therapie erfordert eine gute Mitarbeit vom Patienten. Wenn die Psoriasis-Stellen deutlich abgeheilt ist, sollte nicht unnötig weiter therapiert werden. Jede mechanische Reizung kann die Psoriasis erneut reizen.“ 
 
Kombinationsmöglichkeiten 
 
Wer mit Dithranol behandelt wird, muss nicht allein darauf vertrauen. Im Gegenteil: Eine Kombination mit anderen Präparaten ist von Vorteil. So können Ölbäder ebenso hilfreich sein mit zusätzliche UV-Bestrahlung. An der Hautklinik der Ruhr-Universität in Bochum haben Ärzte und Wissenschaftler noch bessere Kombinationen getestet und für gut befunden. Die Abheilung der Psoriasis-Stellen ging deutlich schneller mit 
  • morgens: Calcipotriol-Salbe, d.h. Vitamin D 3 (z.B. Daivonex- oder Psorcutan-Salbe) 
  • mittags: Dithranol-Salbe 
  • abends: Tazaroten-Salbe, d.h. Vitamin A (z.B. Zorac)
Ebenfalls gut wirkte die Kombination 
  • morgens: Momethason-Salbe (z.B. Ecural-Fettcreme) 
  • mittags: Dithranol-Salbe 
  • abends: Tazaroten-Salbe
Mit den Kombinationstherapien ist der Patient nach ihren Studien nach 19,5 Tagen „sauber“. Dithranol allein angewandt benötigt 28,5 Tage für das gleiche Ergebnis. 
 
Andere Studien sprechen positiv von folgender Kombination im sogenannten Ingram-Schema:
  • morgens: Teerbad 
  • danach: UVB-Bestrahlung 
  • danach: Dithranol
Neben dem gleich noch näher erläuterten Medikament Micanol gibt es als Fertigpräparate noch Psoralon (enthält Salicylsäure) und Psoradexan (enthält Harnstoff) in der Apotheke. Alle Präparate können vom Hautarzt verschrieben werden. 
 
Dithranol-Medikament mit Vorzügen
 
Seit 1999 ist das Medikament Micanol der Firma Bioglan auf dem Markt. Der Name setzt sich aus dem Begriff „microverkapseltes Dithranol“ zusammen – was heißt, dass der Wirkstoff Dithranol in Fettkügelchen verpackt wird. „Die menschliche Haut hat an der Oberfläche eine Temperatur von etwa 29 °C“, erklärt Karlheinz Nocker von der Herstellerfirma. „Kommt die Salbe darauf, beginnen die Fettschichten (der Salbe) zu schmelzen.“ Ergebnis: Das Dithranol kann in die Haut eindringen. Der größte Vorteil von Micanol aber soll eine fehlende Eigenschaft sein: Wäsche und Badezimmer färben sich nicht mehr braun – solange man die Salbe nach der Anwendung mit kalten bis höchsten „laukaltem“ Wasser abwäscht. 
 
Weitere Vorzüge sind laut Hersteller: 
 
• antibakterieller Langzeitschutz 
• keine Anwendung von Emulgatoren (Haltbarmachern; Stabilisierung von Emulsionen) 
• keine Anwendung von Konservierungsstoffen 
• die Möglichkeiten zur großflächigen Anwendung 
 
Die Anwendung
 
Beim Hautarzt gibt es neuerdings für den Patienten, der Micanol ausprobieren möchte, ein „Einstell-Set“. Darin ist (neben einer Tube Micanol 1%) ein Schwamm enthalten, mit dem die Salbe abgewaschen werden kann. Wichtig ist jedoch das Informations-Heft. Darin steht, wie oft und wie lange Micanol aufzutragen ist. In einem Behandlungsplaner kann jeder Behandlungstag abgehakt werden. Die Frage „Wie lange war die Salbe gestern eigentlich drauf?“ gehört also der Vergangenheit an. Micanol wird einmal täglich dünn aufgetragen. Begonnen wird mit der 1%igen Salbe. Am ersten Tag bleibt sie für fünf Minuten auf der Haut. Bleibt die Haut friedlich, treten keine Reizungen auf, werden jeden Tag fünf Minuten dazugegeben. Die Höchstgrenze liegt laut Hersteller bei 30 Minuten. Sind die erreicht und die Stellen schon etwas besser, kann der Hautarzt Micanol 3% verordnen. Damit wird wieder bei fünf Minuten begonnen. Die „Steigerungsrate“ liegt wie bei der 1%-igen Salbe bei fünf Minuten täglich und maximal 30 Minuten. Sind die erreicht, wird so lange weiter gesalbt, bis die Stellen weg sind. 
 
Wichtig ist das Abwaschen der Salbe: Das Wasser darf maximal 30 °C warm sein; am besten man benutzt nur kaltes Wasser. Seife hat beim Abwaschen der Salbe nichts zu suchen. Nur dann bleiben die braunen Flecken in Wäsche und Bad aus. Der Hersteller empfiehlt sogar: „Wäsche und Handtücher, mit denen der Patient zu tun hatte, sollten nicht mit Weichspüler behandelt werden.“ Und: Sie sollten möglichst kalt bis lauwarm ausgewaschen werden. Der Waschlappen sollte nicht achtlos in die normale Wäsche gegeben werden. 
 
Einschränkungen und Empfehlungen
 
Eine akute pustulöse Psoriasis oder eine Schuppenflechte im Gesicht darf nicht mit Micanol behandelt werden. Lippen, Mund, Genitalien, Hautfalten z.B. unter der Brust oder in den Achselhöhlen, Wunden und Geschwüre sollten auch besser nichts von Micanol mitbekommen. Die Wirkung von Micanol auf dem Kopf ist nicht untersucht worden. Bioglan empfiehlt die Anwendung dort deshalb auch nicht. Gerhard Leibold schließt die Anwendung auf dem Kopf indes nicht aus: In seinem Buch „Schuppenflechte – Ursachen, Symptome, ganzheitliche Behandlung“ warnt er zwar vor Überdosierung und daraus folgender Verfärbung der Haare. Aber: „Das vermeidet man, indem man vorsichtig die individuell richtige Konzentration ermittelt“, schreibt er weiter. Kinder ab zwei Jahren dürfen Micanol durchaus anwenden. Bei einer Schwangerschaft muss der Hautarzt abwägen, ob ihm die Behandlung mit Dithranol möglich erscheint. Während der Stillzeit steht Micanol allerdings auf dem Index, weil noch nicht geklärt ist, ob Dithranol in die Muttermilch übergeht. Vorsichtig sollten Patienten mit Niereninsuffizienz sein. 
 
Dithranol (und damit auch das Medikament Micanol) darf nicht mit Schleimhäuten in Berührung kommen. Nach der Anwendung sollten die Fingernägel gründlich gereinigt werden. Männliche Patienten berichteten davon, dass sie die Dithranol-Behandlung angenehmer fanden, wenn Haare z.B. auf der Brust zuvor abrasiert worden waren. Die Behandlung der schwierig in den Griff zu bekommenden Psoriasis an Händen und Füßen kann durchaus gelingen, wenn die Stellen vorher sehr gut entschuppt wurden. 
 
Micanol soll in die Haut eingerieben und -massiert werden, damit genügend Wärme entsteht, die den Wirkstoff erst richtig freisetzt. Eingerieben wird solange, bis keine Reste der Creme mehr sichtbar sind. Um gesunde Haut zu schonen, ist es ratsam, beim Auftragen einen Gummi- oder Folien-Handschuh zu tragen. Wem das so gar nicht behagt, der sollte die Hände nach dem Eincremen sofort mit kaltem Wasser waschen. Vor einigen Jahren gab es einen Dithranol-Stift in Apotheken, der das Auftragen sehr leicht machte. Er ist inzwischen leider nicht mehr zu haben. Für die abendliche Fettsalbe ist eine Pflegecreme mit 12% Urea (Harnstoff) zu empfehlen. Wer nach einiger Zeit Anwendung nicht sicher ist, ob die Wirkung vielleicht bei ihm ausbleibt, sollte die Behandlung nicht zu zeitig abbrechen. Nach sechs Wochen jedoch sollten „normale“ Psoriasis-Stellen abgeheilt sein. 
 
Anwender von Psoradexan können, wenn sie sich in der Wäsche braune Flecken „eingefangen“ haben, beispielsweise mit „Sil – Der Fleckenlöser“ einen Versuch wagen – nicht aber mit „Sil – Das Fleckensalz“! Flecken im Bad gehen lautz Dr. Reinhardt K. Achenbach beispielsweise mit Domestos, Chlorix oder Napisan ‚raus – schreibt er in „Der Haut-Ratgeber: Alles über Haut, Haare, Nägel“. 
 
Weitere Informationen
 
Das Heftchen „Patienten-Information“ und ein Schwamm können kostenlos beim Hersteller abgefordert werden. Dazu schicke man eine Postkarte an Bioglan Pharma GmbH, Robert-Bosch-Straße 6, 35398 Gießen. Die Firma ist im Internet unter www.bioglan.de vertreten.