Empfindliche Stellen

Wie behandelt man Schuppenflechte im Gesicht, im Ohr, in Hautfalten, im Genital- oder im Analbereich?

An empfindlichen Stellen des Körpers sollte kein starkes äußerliches Kortison gegen die Psoriasis eingesetzt werden. Als „sensibel“ gelten Gesicht, Ohren, Hautfalten (z.B. unter der weiblichen Brust), Schleimhäute, Genitalien und Analbereich.

Oft werden diese Stellen nicht oder nicht richtig behandelt, weil es Patienten peinlich ist, darüber zu sprechen. Wer ist schon so mutig, seinem Arzt die Psoriasis z.B. im Genitalbereich zu zeigen? Aber gerade an diesen Bereichen kann man viel falsch machen, wenn man selbst daran „herumdoktert“.

Wenn durch eine Psoriasis allein an empfindlichen Stellen die Lebensqualität erheblich eingeschränkt ist, sollte gleich mit innerlich wirkenden Mitteln behandelt werden. Ärzte können anhand eines standardisierten Fragebogens den Dermatologischen Lebensqualitäts-Index (DLQI) ermitteln.

Grundsätzlich sollten Sie an empfindlichen Stellen äußerlich wirkende Präparate mit schwacher Konzentration einsetzen. Im Gesicht und an den Ohren ist die Haut viel dünner. Wirkstoffe werden deshalb viel intensiver aufgenommen als in anderen Haut-Arealen. Bei Falten stößt Haut auf Haut. Der Wirkstoff ist, ähnlich wie unter einer Plastikfolie, eingeschlossen und wirkt dadurch ebenfalls stärker.

Deshalb dürfen Sie auf keinen Fall selbst mit einem äußerlich wirkenden Präparat an diese Stellen gehen, das Sie für andere Körperregionen verschrieben bekommen haben. Die meisten sind dafür ungeeignet! Sie können es aber unbesorgt mit naturheilkundlichen Mitteln oder – etwas vorsichtiger – mit nicht verschreibungspflichtigen Hydro-Kortison-Cremes probieren.

Naturheilkundliche Mittel wirken meist mild und langsam. Sie sind deshalb für sensible Bereiche gut geeignet. Aber sie wirken meist nicht im aktuellen Schub. Es gibt sehr viele pflanzliche Stoffe, die bei der Psoriasis äußerlich eingesetzt werden. Da sie individuell sehr unterschiedlich anschlagen, müssen Sie selbst ausprobieren, was Ihnen eventuell hilft. Zum Beispiel Cremes, Salben, Gels mit Mahonia aquifolium, Weihrauch, Schieferöl (Teer in diesem Fall eher nicht), Aloe Vera, Vitamin B12, Hamamelis virginica (v.a. für „Feuchtgebiete“), Birkenrinde, Avocado, Ringelblume (Calendula), Kombinationen wie „Blankensteiner Psoriasis-Ölmischung“ oder Ayurveda-Präparate. Für Umschläge, Wickel, Packungen und Bäder eignen sich Moore, Torf, Heilerde, Schlicke (Totes-Meer-Schlamm), Zink, Schwefel, Heil-Salze. Schauen Sie beim Kauf genau hin: Je weiter hinten ein Stoff in der Inhalts-Deklaration steht, desto weniger ist davon im Produkt enthalten.

Eine Psoriasis in Gesicht, Ohr, Genital- oder Analbereich und unter Hautfalten, die akut entzündet ist und stark juckt, kann äußerlich wirkungsvoll nur mit reinen Kortisonpräparaten behandelt werden. Es kommen aber nur schwach oder mittelstark wirkende Präparate in Frage. Eine innerliche Therapie ist dann angebracht, wenn Sie stark darunter leiden und Ihr Leben dadurch erheblich beeinträchtigt ist. Beantworten Sie in diesem Fall unbedingt beim Arzt den DLQI-Fragebogen (s.o.).

Mild sind Hydro-Kortison-Cremes, die Sie frei in der Apotheke kaufen können. Ökotest 11/2015 hat nur vier Cremes als „sehr gut“ bewertet: Ebenol® u. Fenihydrocort® mit 0,25%, Hydro Heumann® u. Hydrocortison Hexal® mit 0,5 %. Kinder unter sechs Jahren dürfen ohne ärztliche Anweisung nicht mit Hydrokortison behandelt werden.

Wenn die Psoriasis an empfindlichen Stellen sehr ausgeprägt ist, d.h. großflächig, stark entzündet und schuppig, kann vorübergehend ein stärker wirkendes Mittel eingesetzt werden. Aber nur der Arzt kann entscheiden, was an welchen Stellen und wie lange angewendet werden soll. So dürfen Kortisonpräparate ab Wirkungsklasse III (stark wirksam) weder im Gesicht noch in der Nase aufgetragen werden. Für alle Kortison-Cremes gilt, dass sie nicht ins Auge kommen dürfen. Bei der Anwendung im Genitalbereich ist zu beachten, dass Kondome rissig werden können. Das verursachen die in den Cremes enthaltenen Paraffine.

Vor allem für die empfindlichen Bereiche sollten Kortison-Präparate nicht dauerhaft aufgetragen werden. Gerade dort riskiert man am ehesten, dass die Haut durch das Kortison dünner wird (Atrophie). Meist bildet sich das aber nach Absetzen wieder zurück. Sie sollten die Kortison-Anwendung an sensiblen Stellen möglichst nach zwei Wochen „ausschleichen“, d.h. die Zeitabstände verlängern, in denen Sie die Creme auftragen. Kortisonpräparate dürfen nicht von einem Tag auf den anderen abgesetzt werden. Sonst kann die Psoriasis umso stärker wiederkommen („Rebound“).

Sicherheitshalber sollte vor allem im Genital- oder Anal-Bereich zusätzlich mit einem Anti-Pilz-Mittel behandelt werden.

Vitamin-D3–Präparate wie Daivonex® sind für sensible Körperregionen nicht zugelassen, u.a. weil sie dort Hautreizungen verursachen können. Auf keinen Fall dürfen sie im Genitalbereich angewendet werden. Auch in Kombination mit einem Kortison, wie bei Daivobet®, dürfen empfindliche Regionen nicht mit dieser Wirkstoffgruppe behandelt werden.

Nicht besonders geeignet erscheint der alt-bewährte Psoriasis-Wirkstoff Dithranol. Obgleich er völlig frei von Nebenwirkungen auf Körperorgane und Blutbild ist, wird es in diesem Fall nicht möglich sein, ihn richtig anzuwenden. Dithranol muss nämlich sehr exakt aufgetragen und nach einer Einwirkungszeit wieder völlig entfernt werden. Kommt es auf gesunde Haut oder bleibt es zu lange auf den Psoriasis-Stellen, führt das zu sonnenbrandähnlichen Rötungen – besonders bei dünnen Hautregionen oder dort, wo es schwer auszuwaschen ist.

Einige Ärzte berichten bei Psoriasis in sensiblen Bereichen über gute Erfahrungen mit den Neurodermitis-Wirkstoffen Tacrolimus und Pimecrolimus. Das sind echte Alternativen zum Kortison. Und sie sind für Kinder geeignet. Da sie aber nicht für die Psoriasis zugelassen sind, können sie nur „off-label“ verschrieben werden oder Sie müssen sie selbst bezahlen. Es sei denn, Sie sind gleichzeitig an Neurodermitis (Atopische Dermatitis) erkrankt.

Sollten die Cremes, Emulsionen o.ä. nicht wirken, können die Regionen gegebenenfalls bestrahlt werden. Für gut zugängliche, kleine Stellen ist die erste Wahl die völlig nebenwirkungsfreie Bestrahlung mit Blau-Licht (Philips BlueControl®). Ein Gerät, das man selbst kaufen muss. Beim Arzt ist eine gezielte, nicht die gesunde Haut belastende UV-Bestrahlug nur mit dem Laser oder der Digitalen Fototherapie möglich.

Sensible Körperregionen, die zur Psoriasis neigen, brauchen tägliche Pflege. Dazu greifen Sie besser zu Gesichtsmilch oder wasserhaltigere Cremes und nicht zu fetthaltigen Mitteln. Die sollten ph-neutral sein und keine Duft- oder andere Reizstoffe enthalten. Solange Sie keine offenen Psoriasis-Stellen haben, empfiehlt es sich (außer im Genitalbereich), Cremes mit bis zu 5 % Harnstoff (Urea) zu verwenden. Stärkere Dosierungen (bis zu 15 %) sind für empfindliche Bereiche ungeeignet.

Gesicht
Psoriasis tritt im Gesicht auf im Bereich der Augenbrauen, zwischen Nase und oberer Lippe, im oberen Stirnbereich und dem Haaransatz. Wenn die Stellen nicht behandelt werden, können sie sich „manifestieren“, d.h. sie gehen dann nur noch schwer wieder weg. Aber nicht jede Schupppung im Gesicht (und an anderen Stellen des Kopfes) ist eine Psoriasis. Auch bei Psoriatikern kann es sich um ein seborrhoisches Ekzem handeln. Das merkt der Arzt spätestens dann, wenn die Therapie überhaupt nicht anschlägt. Gesichts-Pso und seborrhoisches Ekzem müssen nämlich unterschiedlich behandelt werden. Wenn der Hautarzt sich nicht völlig sicher ist, sollte er eine Gewebeprobe entnehmen und untersuchen lassen (Biopsie). Es gibt auch Fälle, in denen die Schuppung im Gesicht eine Mischung von Psoriasis und Ekzem ist („Sebopsoriasis“).

Wenn Sie Ihre Psoriasis-Stellen, vor allem im Gesicht, kosmetisch verbergen wollen, können Sie erst einmal vorsichtig ein gängiges Camouflage-Make-Up testen. Sollte es brennen, müssen Sie es wieder absetzen. Reizarme Abdeck-Cremes gibt es in der Apotheke oder Sie greifen gleich auf Naturkosmetika zurück. Wer bisher Creme-Rouge verwendet hat, sollte probieren, ob Puder-Rouge die Stellen nicht genauer abdeckt. Die Kosmetika dürfen aber nicht auf entzündete, offene, blutige oder nässende Stellen aufgetragen werden. Es wird auch nicht möglich sein, starke Schuppungen (Plaques) zu verdecken. Als medizinisches Kosemetikum zählt die Anti-Rötungscreme letiSR®. Im Internet findet man ebenfalls Schmink-Tipps für Psoriatiker. Siehe auch: Techniken und Tricks zur Kaschierung von Schuppenflechtenstellen.

Piercing reizt die Haut (Köbner-Effekt) und provoziert neue Psoriasis-Herde.

Augen
Die Psoriasis kann auch am oberen Augenlid und an den Augenbrauen auftreten. Schwellt das Augenlid an, entzündet es sich und bilden sich kleine Schuppen, kann das die Bindehaut oder die Hornhaut reizen. Deshalb sollte man eine Psoriasis am Auge nicht verschleppen.

Die Brauen können wie andere Stellen im Gesicht behandelt werden. Beim Augenlid ist es schon komplizierter, weil sehr viele Psoriasis-Wirkstoffe nicht in die Augen kommen dürfen. Neben einer Creme mit einem milden Wirkstoff könne man die Stellen auch mit Bepanthen® Augensalbe behandeln. Wenn Sie das Augenlid mit einem Wirkstoff behandeln, nehmen Sie bitte nicht den Finger, sondern ein Wattestäbchen.

Ohren
Eine Psoriasis findet sich oft hinter dem Ohr, in der Ohrmuschel und im Gehörgang. Viele kratzen sich die Stellen immer wieder auf, weil sie jucken oder nur einfach stören. Das verstärkt die Schuppenflechte (Köbner-Effekt) und die Stellen können sich leichter infizieren. Für den Ohrbereich gelten die am Anfang erläuterten Hinweise. Meist wird der Hautarzt eine kortisonhaltige Tinktur verschreiben. Tinkturen enthalten aber Alkohol und trocknen die Haut aus. Deshalb muss in diesem Fall mit einer Pflegecreme rückgefettet werden. Einfacher ist es, das innere Ohr vorsichtig mit einer Milch oder noch besser mit einer Creme zu behandeln. Manchmal wird das Innerohr so trocken, dass nur noch eine Salbe hilft. Alle Präparate sollten Sie mit Wattestäbchen auftragen. Cremes und Salben nur so dünn, dass möglichst wenig Rückstände bleiben. Wenn Sie den Gehörgang behandeln, müssen Sie eventuell regelmäßig das Ohr ausspülen. Am besten mit einer speziellen Gummi-„Ohrspritze“ und warmem Wasser bzw. Öl.

Analbereich
Eine Psoriasis am After merken Sie zuerst daran, dass des dort furchtbar juckt. Bitte verschweigen Sie das dem Arzt nicht aus Scham! Sie muss unbedingt behandelt werden. Eine Psoriasis kann sich in der Anal-Falte entwickeln oder in der Anal-Öffnung. Der Arzt muss sich zuerst absichern, ob es sich nicht um ein Anal-Ekzem handelt. Wenn die Haut zwischen den Gesäßbacken gerissen ist, deutet das auf Schuppenflechte hin.

Die Psoriasis kann durch falsches Toilettenpapier stärker gereizt werden. Benutzen Sie möglichst weiches und trockenes Papier. Feuchtes Papier mit Konservierungs- und Duftstoffen kann Reizungen hervorrufen. Sie müssen besonders auf Sauberkeit achten, weil sonst Schadstoffe in die blutig gekratzten Stellen eindringen können. Dadurch wird die Entzündung noch schlimmer. Außer mit Toilettenpapier gibt es andere Möglichkeiten, sich im Analbereich hygienisch zu säubern. Zum Beispiel mit (lauwarmem) Wasser. Ein Bidet wäre die ideale Lösung, hat aber kaum einer.

Für den Analbereich sind alle am Anfang erläuterten Therapien möglich. Aber der Arzt muss kontrollieren, ob Sie zusätzlich Pilze oder Bakterien haben und diese dann mitbehandeln.

Zwischen den Gesäßbacken ist es meist feuchter, als in anderen Regionen, z.B. durchs Schwitzen. Mit gerbstoffhaltigen Präparaten kann man diese Region nicht nur trocken legen, sondern auch gleichzeitig den Juckreiz lindern und Bakterien und Pilze eindämmen. Rezeptfrei in der Apotheke gibt es z.B. Tannosynt® oder (das etwas teuere) Tannolact®. Gerbstoff darf nicht in die Augen kommen. Alternativ kann man zum Austrocknen eine Wund und Heilsalbe mit Zink-Zusatz nehmen.

Penis
Besonders schmerzhaft kann die Psoriasis auf der Außenhaut des Penis oder auf der Eichel sein. Auch am Hodensack kann sie auftreten. Durch weite (Unter-) Hosen können Sie verhindern, dass diese Stellen unnötig gereizt oder noch verschlimmert werden. Schwierigkeiten kann es bei der Sexualität geben. Es gibt sehr viele Männer, die über ihr Psoriasis am Penis nicht reden und darüber völlig verzweifelt sind. Sie ziehen sich dann zurück und meiden Sexualkontakte. Aber Partnerin bzw. Partner und Arzt müssen wissen, dass und warum Sie Schmerzen beim Sex haben. Nur so können Sie gemeinsam eine Lösung suchen. Wenn Sie sich nicht trauen, darüber zu sprechen, holen Sie sich unbedingt Hilfe von Außen! Entweder bei einer Vertrauensperson oder einer Beratungsstellen, wie z.B. dem „sozial-medizinischen Dienst“.

Gerade am Penis dürfen Sie sich nicht selbst mit Mitteln behandeln, die Ihnen der Arzt für andere Hautregionen verschrieben hat, weil die Haut extrem dünn ist. Es gelten die gleichen Behandlungsschritte, wie im Analbereich.