Reha-Antrag abgelehnt?

Anfang 2011 berichten uns die Fachkliniken, dass sie kaum noch Reha-Patienten von Krankenkassen haben. Die Krankenkassen würden „dichtmachen“. Auch Patientenberatungsstellen gehen davon aus, dass Dreiviertel aller Anträge auf eine Rehabilitationsmaßnahme erst einmal abgelehnt werden. Stets wird behauptet, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Rehabilitationsmaßnahme nicht vorliegen würden. Damit werden Antragsteller eingeschüchtert, denn viele denken, sie müssten die Ablehnung akzeptieren oder wissen nicht, wie sie sich dagegen wehren können. 
 
Wir raten Ihnen, statt des Reha-Antrags sich gleich akut in ein Krankenhaus einweisen zu lassen oder Widerspruch einzulegen.
 
Akut-Einweisung anstelle von Reha-Antrag
Wenn Ihnen das Widerspruchsverfahren zu umständlich ist, weil schon der Antrag sehr zeitaufwendig war, könnten Sie versuchen, sich stattdessen vom Arzt in ein Krankenhaus akut einweisen zu lassen. Eine Akut-Einweisung bedeutet, dass Sie sofort ins Krankenhaus müssen, weil Ihre Psoriasis so schlimm ist, dass man mit der Behandlung nicht mehr warten kann.
 
Einer ärztlichen Einweisung darf die Krankenkasse nicht widersprechen! Sie darf nur ablehnen, die Kosten zu übernehmen, wenn sie mit dem Krankenhaus keinen Versorgungsvertrag geschlossen hat. In vielen Fällen sind Fachkliniken mit Akutbetten preiswerter, als eine örtliche Klinik. Wenden Sie sich wegen der Begründung dafür an eine Fachklinik Ihrer Wahl. Die wird Ihnen mit Argumenten helfen. Ihr Vorteil: In diesen Klinken werden Sie genauso behandelt, als wenn Sie dort zur Reha wären, z.B. werden Sie in vielen Fachkliniken in Einzelzimmern untergebracht.
 
Für eine Akut-Einweisung wegen Psoriasis bewilligen die Krankenkassen heutzutage nur 14 Tage. Wenn Sie sicher sind, dass diese Zeit nicht ausreicht, sollten Sie sich für eine Fachklinik mit Akutbetten entscheiden. Das ist eine Reha-Klinik, die aber auch akute Fälle behandeln darf. Im Prinzip darf jede Akut-Klinik nach Abschluss einer zweiwöchigen Akutbehandlung eine „Anschluss-Heilbehandlung“ beantragen. Das wird gemacht, wenn Ihnen nach 14 Tagen Verweildauer noch nicht geholfen werden konnte. Aber in einer Fachklinik mit Akutbetten sind die Kosten pro Tag deutlich niedriger sind, als in einem reinen Akut-Krankenhaus. Das erleichtert sicherlich die Entscheidung eines KassenmItarbeiters.
 
Sie haben grundsätzlich die freie Wahl des Akut-Krankenhauses. D.h. Sie dürfen sich auch für eine Fachklinik mit Akutbetten irgendwo in Deutschland entscheiden, wobei Sie Fahrtkosten dann privat tragen müssen. 
Wenn Ihnen das zu anstrengend ist, überzeugen Sie Ihren Arzt, dass er Sie in ein Akut-Krankenhaus einweist. 
 
 

Lassen Sie sich nicht abwimmeln 
Der andere Weg ist, einem abgelehnten Reha-Antrag zu widersprechen. Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, lassen Sie sich von einer Ablehnung nicht beeindrucken. Widersprechen Sie innerhalb der angegebenen Frist! Dieser Widerspruch sollte aber gut begründet sein. Versuchen Sie nicht, den Widerspruch alleine im stillen Kämmerchen zu formulieren. Reagieren Sie nicht empört und mit rein gefühlsmäßigen Argumenten auf die Ablehnung. Ein Widerspruch muss immer fristgemäß erfolgen. Aber man darf auch ohne Begründung widersprechen, wenn man ankündigt, dass man die Argumente nachreicht. So hat man noch nach dem Termin genug Zeit, fehlende Argumente oder Bestätigungen zu sammeln. 
 
Grundsätzlich gilt: Ihre letzte Rehabilitationsmaßnahme muss nicht vier Jahre zurückliegen! Anträge können jederzeit gestellt werden, wenn es „aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich ist“ (§40 SGB V bzw. §12 SGB VI), d.h. wenn Sie einen schweren Psoriasis-Schub haben. Mit dem gleichen Argument können Sie übrigens die normalerweise auf 20 Tage begrenzte Behandlungsdauer verlängern lassen. Es gibt Menschen mit Psoriasis oder Psoriasis Arthritis, die jedes Jahr eine Reha-Maßnahme bewilligt bekommen! 
 
Sie sollten versuchen, Ihren Widerspruch möglichst glaubhaft zu formulieren. Zum einen geht es darum, Ihren persönlichen Therapieverlauf und Ihre persönliche Erkrankung darzulegen. Sie sollten sich den entsprechenden Paragraphen genau durchlesen. Versuchen Sie entlang der Formulierungen im Gesetzestext zu begründen, welche der genannten Voraussetzungen genau für Sie zutrifft, um Ihre Krankheit in einer Reha-Klinik behandeln zu lassen. Beachten Sie, nicht nur körperliche Einschränkungen zu benennen, sondern vor allem psychische und andere, die Ihre Lebensqualität verschlechtern. Je mehr Sie aufzählen, desto eindrucksvoller!
 
 
Reha-Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV)
Die DRV ist nur für Reha-Anträge von Arbeitnehmern zuständig, d.h. sie bezahlt nur Klinikaufenthalte, durch die eine Erwerbsfähigkeit ermöglicht oder verbessert werden kann. Für Reha-Anträgen, bei denen die Krankheit keinen Einfluss auf die Erwerbsfähigkeit hat oder der von Patienten gestellt wird, die nicht im Berufsleben stehen, sind die Krankenkassen zuständig.
 
Für Reha-Anträge bei der DRV gilt § 10 im Sozialgesetzbuch VI. Da heißt es: 
 
(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 
1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 
2. bei denen voraussichtlich 
a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, 
b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, 
c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. 
 
Die Deutsche Rentenversicherung unterhält eigene Reha-Einrichtungen, die vorrangig belegt werden. Sofern der Sparkurs überhaupt noch andere Zuweisungen erlaubt, wird das Angebot der Vertragskliniken genau geprüft. Wenn Sie in eine Fachklinik wollen, in der Sie schon einmal waren, begründen Sie Ihren Wunsch (Zum Beispiel: „Hat mir sehr gut geholfen. War so und so lange seit dem erscheinungsfrei.“)
 
Reha-Antrag bei der Krankenkasse
Die Krankenkassen sind für Reha-Anträge zuständig, die von Patienten gestellt werden, die nicht im Berufsleben stehen bzw. von Arbeitnehmern, bei denen die Krankheit keinen Einfluss auf die Erwerbsfähigkeit hat. Die DRV dagegen ist nur für Reha-Anträge von Arbeitnehmern zuständig, d.h. sie bezahlt nur Klinikaufenthalte, durch die eine Erwerbsfähigkeit ermöglicht oder verbessert werden kann. Da zwischen Renten- und Krankenversicherungen keine Abgrenzungsrichtlinien vereinbart wurden, gibt es einen ärztlichen Ermessensspielraum. 
 
Für Reha-Anträge bei der Krankenkasse gilt § 40 im Sozialgesetzbuch V. Da heißt es sinngemäß: Reicht eine Krankenbehandlung nicht aus, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen. Die Krankenversicherung muss zahlen, wenn die Reha anstelle einer sonst erforderlichen Krankenbehandlung verordnet wird. Ist eine Reha-Maßnahme nur im Ausland (außer Davos) möglich, muss ebenfalls die Krankenkasse angesprochen werden. Die Rentenversicherung zahlt (noch) keine Aufenthalte am Toten Meer (Ausnahme: DRV Mitteldeutschland). Wollen Sie eine Klimakur am Toten Meer von der Krankenkasse bezahlt bekommen, sollten Sie sich bei einem der Reiseveranstalter genau vorher erkundigen. Auch die wissen, wie man gegenüber der Kasse argumentieren muss. 
 
Die gesetzlichen Krankenkassen überlassen die Wahl der Einrichtung gewöhnlich dem Arzt, der eine stationäre Rehabilitation empfiehlt und deren Notwendigkeit medizinisch begründet. Dabei sollte er Wünsche des Patienten selbstverständlich berücksichtigen. Wenn Sie in eine Fachklinik wollen, in der Sie schon einmal waren, begründen Sie Ihren Wunsch (Zum Beispiel: „Hat mir sehr gut geholfen. War so und so lange seit dem erscheinungsfrei.“) Sie können auch mit den Unterbringungskosten argumentieren, die meist deutlich niedriger sind, als in einer wohnortnahen Klinik.

 
 
Persönliche Behandlungsnotwendigkeit (DRV- bzw. Kassen-Antrag)
Formulieren Sie eine persönliche Begründungen: Sie kennen Ihre Krankheitsgeschichte selbst am besten. Schildern Sie ausführlich, wie Sie körperlich und psychisch unter Ihrer Krankheit leiden. Wie beeinflusst die Krankheit Ihren Alltag, Ihr Berufsleben, Ihre sozialen Kontakte und Partnerbeziehungen? Sehr hilfreich ist es auch, ein psychologisches Gutachten beizufügen. Das bekommt man von einer Therapeutin schon nach einigen Sitzungen. 

 
Bitten Sie zum anderen den behandelnden Arzt, Ihren Zustand sehr genau zu diagnostizieren. Mit zu kurzen Begründungen gibt es erfahrungsgemäß Probleme! Das ärztliche Attest sollte aufzählen, welche bisherigen Therapien langfristig erfolglos waren: 
– Was wurde in den vergangenen zwölf Monaten alles unternommen? 
– Wie lautet das Ergebnis der Therapien? 
– Weshalb sind die ambulanten Möglichkeiten ausgeschöpft? 
 
Im Einzelnen könnten folgende Aussagen getroffen werden: 
– Trotz regelmäßiger Behandlung mit …. besteht weiterhin ein ausgedehnter Hautbefund von etwa … Prozent der Körperoberfläche. 
– Auch bei zunächst erfolgreichen ambulanter Therapien halten die einigermaßen beschwerdefreien Intervalle immer nur kurzzeitig an und kehren hartnäckig wieder zurück. 
– In den vergangenen zwei Jahren war außerdem eine akut-stationäre Krankenhausbehandlung notwendig. 
– Eine bereits früher in Anspruch genommene medizinische Reha-Leistung liegt zwar noch keine vier Jahre zurück, ist aber dringend wieder erforderlich. 
– Die Patientin war aufgrund Ihrer Krankheit mehrfach und langfristig arbeitsunfähig. 
– Eine Gelenkbeteiligung schränkt zusätzlich die Fähigkeit zu den normalen Alltagsaktivitäten ein. 
– Der Patient neigt dazu, seine Krankheit resignativ aufzufassen und muss unbedingt angeregt werden, aktiv mitzuhelfen, die Krankheit zu bewältigen (“Compliance“). 
– Die Patientin leidet psychisch darunter, dass ihre Krankheit nicht zurückgeht. Sie neigt dazu, sich depressiv zu verhalten, ist ängstlich und isoliert sich vom gesellschaftlichen Leben und äußerst vermehrt Selbstmordgedanken. 
 
Lassen Sie sich eventuell zusätzlich von professionellen und erfahrenen Sozial-Experten helfen. Die sitzen in den Patientenberatungsstellen oder den Fachkliniken. Näheres erfahren Sie zum Beispiel unter www.unabhaengige-patientenberatung.de. Wenn Sie schon wissen, in welche Reha-Klinik Sie wollen, sollten Sie dort anrufen. Die Klinik berät Sie, was im Widerspruch stehen sollte, denn dort weiß man am besten, auf welche Fachbegriffe es bei Ihrer Krankheit ankommt. 
 
Manche Leute suchen sich gleich einen Anwalt. Unter www.medizinrechts-beratungsnetz.de werden kostenlos Anwälte genannt, die sich auf Sozialrecht spezialisiert haben. Die gleiche Auskunft erhalten Sie auch bei der örtlichen Anwaltskammer. Die Rechtsschutzversicherung deckt „vorgerichtliche“ Kosten zum Beispiel für Beratungsgespräche beim Anwalt n i c h t ab.
 
 
Medizinische Dienste oft ohne Fachärzte

Nicht alle Antragsteller werden noch persönlich begutachtet. Viele Fälle werden nur noch am Schreibtisch entschieden. Rentenversicherung bzw. Krankenkasse haben eigene Mediziner, die Reha-Anträge prüfen. Das erledigt der Sozialmedizinische Dienst (SMD) oder ein Vertrauensarzt der Rentenversicherung bzw. der Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Die Versicherung muss sich nicht an die Stellungnahme des Gutachters halten. 
 
Es ist ein Widerspruchsgrund, wenn Sie nur nach Aktenlage oder von einem fachfremden Arzt begutachtet worden sind! Sind Sie von einem Dermatologen bzw. Rheumatologen oder Orthopäden untersucht worden? Gutachter anderer Fachrichtungen haben nur wenig Erfahrung mit Psoriasis bzw. Psoriasis Arthritis. Sie dürfen ein Obergutachten von einem Facharzt verlangen. 
 
Nicht abschrecken lassen vom Reha-Vertragsarzt
Seit dem 01. April 2007 müssen eigentlich alle Patienten, die bei der gesetzlichen Krankenkasse eine Reha-Leistung beantragen wollen, zu einem dafür speziell ausgebildeten „Reha-Vertragsarzt“ gehen. Nur der darf offiziell die medizinische Begründung für den Antrag formulieren. 
 
Aber die meisten der niedergelassenen Ärzte haben diese – immerhin gesetztiche! – Regelung erfolgreich boykottiert, so dass Sie jetzt weiterhin Ihren Reha-Antrag vom behandelnden Dermatologen oder Rheumatologen ausfüllen lassen können.